Von der Bundesregierung wurde im Rahmen der Maßnahmen zum Wiederaufbau der Wirtschaft auch eine Mehrsteuersenkung beschlossen. Sie wirkt sich vor allem auf die Mietpreise für Gewerbeobjekte aus. Hinzu kommen Folgen für die Entwicklung der Baukosten in den nächsten Monaten. Ob die Vorteile dieser Maßnahmen bei den Endverbrauchern ankommen, ist in vielen Branchen fraglich, auch wenn der Bundesfinanzminister das verspicht. Wir haben nachfolgend die wichtigsten Fakten zusammengestellt, die Mieter und Vermieter jetzt kennen sollten.
Welche Besonderheiten gelten aktuell beim Gewerbemietvertrag?
Bei der Vermietung von Gewerbeobjekten lässt das Umsatzsteuergesetz eine Ausnahme zur grundsätzlichen Steuerfreiheit bei der Vermietung ab sechs Monaten zu. Die dazugehörigen Regelungen finden sich im Paragrafen 4 in Verbindung mit den Paragrafen 9 und 15 des Umsatzsteuergesetzes. Danach kann der Vermieter die Option steuerpflichtige Vermietung wählen, wenn der Mieter in den Räumen selbst mindestens zu 95 Prozent Umsätze erzielt, auf die er Mehrwertsteuer erheben muss. Bei Mietverträgen mit Steuerpflicht sinkt die Höhe der Bruttomiete, weil sich der Steueranteil von 19 Prozent auf 16 Prozent reduziert. Diese Regelung greift befristet vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020. Direkte Gewinne bringt die Mehrwertsteuersenkung dort nicht, denn bei vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern erfolgt ohnehin durch die Verrechnung mit der eigenen Last der Mehrwertsteuer eine Neutralisierung in Form einer Nachzahlung oder Rückerstattung.
Mehrwertsteuersenkung ist bei Bauleistungen deutlich wirksamer
Vorübergehend bringt die Mehrwertsteuersenkung zur Bekämpfung der Folgen der Lockdowns in der Coronakrise bei Bauleistungen einen Vorteil. Allerdings wird es schwierig, bei Aufträgen für komplexe Neubauten davon zu profitieren. Bauherren sind jetzt gut beraten, wenn sie Bauleistungen in kleine Lose aufteilen und die Abnahme sowie Abrechnung von Teilleistungen vertraglich fixieren. Alle Leistungen, die vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 erbracht und abgenommen werden, unterliegen dem begünstigten Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent. Die zeitliche Befristung bewirkt vor allem bei privaten Bauherren ohne die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug ein wirtschaftliches Risiko. Kommt es bei Bauleistungen zu Verzögerungen und die Abnahme erfolgt erst nach dem 31. Dezember 2020, muss nach dem aktuellen Gesetzesstand die volle Mehrwertsteuer mit 19 Prozent erhoben werden. Eine andere Situation ergibt sich nur dann, wenn die Bundesregierung den Zeitrahmen für die Senkung der Mehrwertsteuer verlängert. Das ist mit Blick auf die derzeitigen Diskussionen unter den Politikern und die Corona-bedingten Steuerausfälle und Zusatzkosten eher unwahrscheinlich.
An welcher Stelle profitieren private Mieter von Wohnungen und Häusern?
Die Vermietung von reinem Wohnraum erfolgt steuerfrei. Hier
greift nur eine Ausnahme für den Fall, dass die Wohnräume für die gewerbliche
Weitervermietung (beispielsweise als Ferienwohnung) gedacht sind. Diese
Möglichkeiten wurden in Deutschland aufgrund der Wohnraumknappheit erheblich
eingeschränkt. Wohnungsmieter kommen vor allem bei einigen Nebenleistungen in
den Genuss von Einsparungen durch die Mehrwertsteuersenkung. Betroffen sind
beispielsweise separate Verträge über die Treppenhausreinigung oder die
Versorgung mit Kabelfernsehen durch externe Dienstleister. Für solche
Leistungen auf der Basisversorgung reduziert sich die Mehrwertsteuer sechs
Monate lang von 19 auf 16 Prozent. Allerdings gibt es hier einen kleinen Haken,
der vom Bundesfinanzminister nicht bedacht wurde. Erste Umfragen zeigen, dass
zahlreiche Unternehmen nicht bereit sind, die Vorteile an die Kunden
weiterzugeben. Stattdessen wollen sie ihre Nettopreise so anpassen, dass es
beim bisherigen Bruttopreis bleibt. Es bleibt die Frage, ob Immobilienmakler
bei ihrer Provision ebenfalls so verfahren. Auch sie gehören zu den
Dienstleistern, die statt der bisher üblichen 19 Prozent in den kommenden sechs
Monaten nur noch 16 Prozent Mehrwertsteuer ansetzen dürfen.
Fazit: Die zur Wirtschaftsförderung beschlossene Mehrwertsteuersenkung wird mit
hoher Wahrscheinlichkeit keine nennenswerten Auswirkungen auf den
Immobilienmarkt haben.
Description:
Kommen die Vorteile der Mehrwertsteuersenkung auch auf dem Immobilienmarkt an? Wenn ja, wo genau? Wir informieren über die wichtigsten Punkte.
Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay