Die Deutsche Bundesbank veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Daten zur Entwicklung der Immobilienfinanzierung in Deutschland. Dabei fällt ein Punkt besonders auf. Obwohl es eine riesige Nachfrage nach Immobilienkrediten gibt, bleiben die Zinsen für Bau- und Kaufkredite auf einem niedrigen Niveau. Das gilt insbesondere für gut besicherte Immobiliendarlehen. Wer einen sehr preiswerten Kredit haben möchte, sollte stets auch die saisonalen Schwankungen bei den Zinsen im Auge behalten.
Wie sehen die neuesten Zahlen zur Immobilienfinanzierung genau aus?
Das Volumen der für den Wohnungsbau vergebenen Kredite war im gesamten Jahr 2019 so hoch wie schon lange nicht mehr. Den Spitzenwert der ersten neun Monate gab es im Juli 2019. Von den Banken wurden Immobilienfinanzierungen für den Wohnungsbau mit einem Volumen von rund 12,35 Milliarden Euro in Deutschland allein in diesem Monat vergeben. Davon entfielen rund 5,05 Milliarden Euro auf besicherte Immobilienkredite. Das Gesamtvolumen der Wohnungsbaukredite von Januar bis September 2019 lag bei rund 84,3 Milliarden Euro.
Zinsen für Wohnungsbaukredite sind nach wie vor sehr niedrig
Der effektive Jahreszins für Immobilienkredite mit einer Zinsbindungsfrist von mehr als zehn Jahren fiel im September 2019 mit 1,24 Prozent auf einen historischen Tiefstand. Im Vergleichsmonat des Vorjahres lag er nach den Angaben der Deutschen Bundesbank bei 1,94 Prozent und im September 2017 bei 1,96 Prozent. Der Zinssatz bei Immobilienfinanzierungen mit mindestens zehn Jahren Zinsbindung fiel seit Jahresbeginn kontinuierlich. Im Januar 2019 lag er noch bei 1,95 Prozent. Die Entwicklung bei besicherten Wohnungsbaukrediten präsentiert sich ähnlich. Die effektiven Jahreszinsen bei Darlehen mit einer Zinsbindung von mehr als zehn Jahren betrugen im Januar des aktuellen Jahres noch 1,96 Prozent und reduzierten sich bis September auf 1,21 Prozent. Noch günstiger waren im September 2019 mit extrem niedrigen 1,19 Prozent lediglich die effektiven Jahreszinsen für besicherte Immobilienfinanzierungen mit einer Zinsbindung zwischen einem und fünf Jahren. Auch sie markieren einen historischen Tiefstand. Der höchste Wert nach dem Beginn der globalen Finanzkrise wurde in dieser Sparte mit 5,57 Prozent im August 2008 erreicht.
Unbelastete Baugrundstücke sind perfekte Sicherheiten für Immobilienkredite
Unbelastete Baugrundstücke rangieren als Sicherheiten für Wohnungsbaukredite nach wie vor ganz weit oben. Das kommt den Interessenten und Bauherren zugute, denn die Grundstückspreise sind in den letzten Jahren allgemein und besonders im Umfeld der Städte kräftig gestiegen. Das erhöht ihre Verkehrswerte und in der Folge auch die von den Banken berücksichtigten Beleihungswerte. Wer ein unbelastetes Baugrundstück vorweisen kann, hat dadurch beste Chancen auf sehr niedrige effektive Jahreszinsen sogar für Immobilienfinanzierungen mit langen Zinsbindungsfristen.
Welche Sicherheiten für Immobilienfinanzierungen bieten sich noch an?
In der Vergangenheit war die Beleihung von Guthaben in Versicherung ein beliebtes Hilfsmittel bei der Immobilienfinanzierung. Jetzt lautet die Devise: „Hände weg vor allem von Guthaben in älteren Policen!“ Das hat einen guten Grund. Die effektiven Jahreszinsen für Wohnungsbaukredite liegen in der Regel unter den Garantiezinsen älterer Verträge für kapitalbildende Lebensversicherungen und mit direkten Zuschüssen oder steuerlich begünstigte Rentenversicherungen. Aktuell ist es sinnvoller, die Guthaben in Versicherungen lediglich als Sicherheit für Baukredite und Darlehen zum Immobilienkauf zu nutzen. Möglich ist das bei pfändbaren Guthaben über sogenannte Abtretungserklärungen, mit denen sich die Banken ein Zugriffsrecht auf die Versicherungssumme sichern. Bausparverträge sollten ebenfalls nicht vorschnell als Baukredite in Anspruch genommen werden. Hier bringt es aufgrund der soliden Guthabenverzinsung mehr Vorteile, sie bis zum Schluss zu besparen und als Tilgung für eine Terminhypothek einzusetzen.
Warum sind die Zinsen für Immobilienfinanzierungen so niedrig?
Immobilienkredite sind für die Banken eine gute Möglichkeit, an den Zinsen und Gebühren zu verdienen, ohne das Risiko eines Komplettausfalls der Darlehenssumme zu riskieren. Bei Immobilien gibt es stets einen materiellen Gegenwert. Dieser materielle Wert wächst durch die Steigerung der Haus-, Wohnungs- und Grundstückspreise. Ein Ende der sich nach oben drehenden Preisspirale ist auf dem deutschen Immobilienmarkt nicht in Sicht. Zusammen mit der Berücksichtigung einer Beleihungsgrenze besteht für die Banken eine gute Chance, selbst bei einer Zwangsversteigerung beim Ausfall der Kreditraten die volle Kreditsumme zurückzuerhalten.
EZB-Zinspolitik stärkt die Hoffnung auf weiterhin niedrige Bauzinsen
Natürlich spielt auch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank eine wichtige Rolle. Aktuell müssen die Banken noch einen Strafzins in Höhe von 0,5 Prozent bezahlen, wenn sie Guthaben über Nacht bei der EZB parken. Mario Draghi hatte noch kurz vor seinem Ausscheiden als EZB-Chef verkündet, dass mit einer schnellen Anhebung der Leitzinsen nicht zu rechnen ist. Seine Nachfolgerin Christine Lagarde könnte daran etwas ändern, aber die Wahrscheinlichkeit ist äußerst gering. Einerseits sind die Zielwerte bei der Inflationsrate noch nicht europaweit erreicht. Andererseits mehren sich die Anzeichen für eine wirtschaftliche Stagnation und Rezession. In einer solchen Situation wäre eine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank äußerst kontraproduktiv, weil sie eine Expansion der Wirtschaft durch eine Erhöhung der damit verbundenen Kosten hemmt.
Solange die für die Bankeinlagen geltenden EZB-Zinsen im Minusbereich bleiben, ist es für die Banken lukrativer, Kredite zu günstigen Konditionen herauszugeben. Zu den Zinseinnahmen ist in der Bilanz die Ersparnis der Strafzinsen zu addieren. Wann die Europäische Zentralbank die Minuszinspolitik beendet, steht derzeit nicht fest. Mario Draghi sprach in seinem Abschiedsstatement von „frühestens Herbst 2020“. Interessierte Wohnungskäufer und Eigenheimbauer haben also auch 2020 noch sehr gute Chancen, eine Immobilienfinanzierung mit niedrigen effektiven Jahreszinsen zu bekommen.
