Der Mietendeckel Berlin darf in seiner aktuellen Form nicht mehr angewendet werden. Zu diesem Schluss kam das Bundesverfassungsgericht (BVerG) in einem Beschluss zu den Verfahren mit den Aktenzeichen 2 BvF 1/20 sowie 2 BvL 4/20 und 2 BvL 5/20. Der Beschluss der Richter in Karlsruhe fiel bereits Ende März 2021, wurde aber erst Mitte April der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts weist deutlich darauf hin, dass auch andere Kommunen von dem Urteil betroffen sind.
Warum wurde der Berliner Mietendeckel für nichtig erklärt?
Rechtsgrundlage des Beschlusses sind die Artikel 70 bis 74 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Sie schränken die Rechte für die Gesetzgebung durch die Bundesländer und Kommunen ein. Dadurch entstand durch die Regelungen zur Begrenzung der zulässigen Miethöhen eine konkurrierende Gesetzgebung. Eine doppelte Gesetzgebung durch den Bund, die Länder und die Kommunen ist nach den Regelungen im Grundgesetz jedoch nur in Ausnahmefällen zulässig. Im Falle des Mietendeckels greift die sogenannte „Sperrwirkung“. Sie besagt, dass die Länder keine Regelungsbefugnis haben, wenn es Bundesgesetze gibt, in denen abschließende Bestimmungen getroffen werden. Genau das ist bei der Festlegung der Mietenhöhe der Fall.
Wo finden sich die abschließenden Regelungen zur Mietenhöhe?
Die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts verweisen in der Begründung des Beschlusses auf das Bürgerliche Gesetzbuch. Im BGB finden sich alle Regelungen rund um den Mietvertrag ab dem Paragrafen 535. Von Relevanz für die Beurteilung der Ermächtigung der Länder und Kommunen für den Erlass regionaler Verordnungen ist vor allem der Paragraf 556d des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Er enthält bereits eine bundesweit gültige Regelung zur maximalen Miethöhe beim Abschluss neuer Mietverträge. Davon dürfen die Länder und Kommunen nach der Auffassung der Karlsruher Richterinnen und Richter nicht abweichen.
Zusätzlich verweist das Bundesverfassungsgericht auf die Bestimmungen der Novellierungsgesetze zum Mietrecht und das im März 2020 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Begrenzung der Miete bei neuen Mietverträgen. Darin sieht das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich eine abschließende Gesetzgebung, durch welche die Befugnis zum Erlass eigener Verordnungen eingeschränkt wird. Das heißt, Berlin fehlte grundsätzlich die Gesetzgebungskompetenz für die Etablierung eines eigenen Mietendeckels.
Der Beschluss zum Mietendeckel wird weitreichende Wirkungen haben
Berlin ist mit Verordnungen zur Miethöhenbegrenzung über die Bestimmungen des BGB hinaus nicht allein. Auch andere Bundesländer haben ähnliche Verordnungen erlassen. Beispiele dafür sind Großstädte in Thüringen sowie Hamburg. In anderen Bundesländern gelten ähnliche Bestimmungen wie im Berliner Mietendeckel für einzelne Regionen. Davon sind beispielsweise mehr als 160 Kommunen in Bayern, über 30 Kommunen in Hessen sowie 18 Städte in Nordrhein-Westfalen betroffen. Hier ist davon auszugehen, dass Vermieter unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auf eine Aufhebung der dort gültigen Verordnungen zur Begrenzung der Miethöhe über die im BGB enthaltenen Regelungen hinaus klagen werden. Aktuell ist außerdem unklar, ob Vermieter das Recht haben, Miethöhen in den Verträgen anzupassen, die während der Zeit der Anwendung der Mietendeckel abgeschlossen wurden.
Fazit: Wer eine neue Wohnung anmieten möchte, muss sich darauf einstellen, dass Vermieter in den Hotspots des Wohnungsmangels die im BGB enthaltenen Grenzen für Mieterhöhungen bei der Neuvermietung voll ausreizen werden. Auch könnten vielen Mietern Erhöhungsbegehren ins Haus flattern, die in Berlin Mietwohnungen nach dem 1. Juni 2015 angemietet haben.
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