Von einer Beruhigung auf dem Immobilienmarkt kann aktuell keine Rede sein. Das beweisen aktuelle Daten zur Entwicklung der Immobilienpreise im zweiten Halbjahr 2021, die vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt wurden. Vor allem die Preise für Wohnimmobilien sind betroffen. Dort wurde bereits der zweite Rekord beim Häuserpreisindex seit dem Jahr 2000 verzeichnet. Wohnimmobilien scheinen auch als Folge der Coronakrise deutlich begehrter zu sein.
Wo steigen die Immobilienpreise am schnellsten?
Den steilsten Preisanstieg gab es im dritten Quartal 2021 im Vergleich mit dem Vorjahr in der Kategorie Ein- und Zweifamilienhäuser in dünn besiedelten und ländlichen Regionen. Interessenten für solche Objekte mussten im Schnitt um 15,5 Prozent erhöhte Preise bezahlen. In den sieben größten Metropolen in Deutschland lag die Preissteigerung binnen Jahresfrist bei durchschnittlich 14,5 Prozent. Für den Häuserpreisindex bedeutet das binnen Jahresfrist ein Plus von 12,0 Prozent. Im zweiten Quartal 2021 stieg er im Vergleich zum Vorjahresquartal um 10,8 Prozent und im ersten Quartal um 8,9 Prozent. Damit wurden auch die Spitzenwerte des letzten Jahrzehnts aus den Jahren 2016 und 2017 übertroffen. Auch der Vergleich des dritten mit dem zweiten Quartal 2021 deutet mit einem Plus von 4,2 Prozent darauf hin, dass mit stagnierenden oder gar sinkenden Preisen für Ein- und Zweifamilienhäusern in naher Zukunft nicht zu rechnen ist. Einen minimal sinkenden Häuserpreisindex (minus 0,5 Prozent) gab es in Deutschland zuletzt im vierten Quartal 2010.
Wie sehen die Trends bei Preisen für Eigentumswohnungen aus?
In den Top-Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (am Main), Hamburg, Köln, München und Stuttgart waren Eigentumswohnungen im dritten Quartal 2021 um durchschnittlich 14,5 Prozent teurer als im dritten Quartal 2020. In ländlichen Kreisen mit dichter Besiedelung stiegen zweitgleich die Kaufpreise für Eigentumswohnungen um 12,3 Prozent. Interessenten für Eigentumswohnungen in dünn besiedelten Regionen mit ländlichem Charakter mussten im Schnitt mit 11,2 Prozent höheren Preisen klarkommen. Das heißt, dass Interesse an Wohneigentum ist im zweiten Jahr der Coronakrise überdurchschnittlich kräftig gestiegen.
Warum ist Eigentum als Alternative zur Mietwohnung so begehrt?
Die Steigerungen der Preise für Mietwohnungen fielen im Vergleichszeitraum bei Weitem nicht so hoch aus. Allerdings war das Mietpreisniveau bereits vor Beginn der Coronakrise aufgrund des Nachfrageüberhangs so hoch, dass der Bund und die Kommunen mit Mietpreisbremsen eingreifen mussten. Sie scheinen zusammen mit den Wohnungsbauprogrammen Wirkung zu zeigen, wie die Verlangsamung der Mietpreissteigerungen beweist. Doch das Interesse am Wohneigentum wird derzeit durch zusätzliche Faktoren forciert. Neben den Förderungen spielt vor allem die Sicherung des Obdachs auch bei Kürzungen des Einkommens durch die unmittelbaren Folgen der Coronakrise eine wichtige Rolle. Die Krise hat den Trend zur Landflucht beendet und teilweise in eine Stadtflucht umgekehrt. Zahlreiche größere Städte verzeichneten bereits im Jahr 2020 erstmals einen Rückgang der Bevölkerungszahl durch Wegzüge. Vielfach steht dahinter der Gedanke, dass in ländlichen Regionen das Ansteckungsrisiko nicht so hoch wie in den dicht besiedelten Städten ist.
Was trägt noch zur Stadt-Land-Verlagerung des Interesses bei?
Die Immobilienpreise sind trotz aller Veränderungen der Trends in den Städten noch immer deutlich höher als in ländlichen Gebieten. Der voranschreitende Ausbau der ÖPNV-Verbindungen (beispielsweise zahlreiche im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg stehende Projekte in Brandenburg) forciert ebenfalls das Interesse am weiteren Umfeld der Städte. Hinzu kommt, dass inzwischen euch ein erheblicher Nachteil ländlicher Regionen schrittweise beseitigt wird. Die „weißen Flecken“ bei der Versorgung mit schnellen Mobilfunk- und Internetzugängen schrumpfen. Durch die Coronakrise wurden viele Einkäufe vom niedergelassenen Handel in Onlineshops verlagert. Das heißt, beispielsweise nahegelegene Einkaufsmöglichkeiten für Bekleidung, Möbel, Haushaltsgeräte und Technik spielen nicht mehr die große Rolle, die ihnen noch vor drei oder vier Jahren zukam.
Coronakrise machte viele Geldanlagen unsicher und wenig lukrativ
Die Folgen der Coronakrise haben unter anderem dazu geführt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Nullzinspolitik verlängert hat. Dadurch sind nicht nur die Renditen beispielsweise auf Tagesgeld und Festgeld unrentabel geworden, sondern für höhere Bankeinlagen müssen Sparer/-innen sogar „Strafzinsen“ und somit eine Schmälerung ihres Vermögens in Kauf nehmen. Seit einem Hoch im Januar 2021 brachten auch Investitionen in Gold keine Rendite, sondern waren eher mit dem Risiko von Verlusten behaftet, wie ein Blick auf den Jahreschart der Börse Frankfurt beweist. Der Silberpreis hat zeitgleich ebenfalls kräftig nachgegeben. Investitionen in Aktien sind riskant, weil jederzeit Einbrüche durch neue Corona-Schutz-Maßnahmen oder (vor allem mit Blick auf die Omikron-Variante) Probleme in Lieferketten drohen. Deshalb suchen die Menschen nach sicheren und zugleich lukrativen Alternativen. Das sind aus verschiedenen Gründen Wohnimmobilien. Die Palette der Gründe reicht von staatlichen Förderungen über den „greifbaren“ materiellen Gegenwert bis hin zu den aufgrund der EZB-Zinspolitik noch immer sehr günstigen Immobilienkrediten.
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