Hat die Coronakrise die Steigerung der Wohnungsmieten in Deutschland gestoppt? Konnte die 2020 für fünf Jahre verlängerte Mietpreisbremse der Bundesregierung (verankert im Paragrafen 556d des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zumindest zu einer Abflachung der Preiskurve für Wohnimmobilien beitragen? Die Antwort auf beide Fragen ist ein klares Nein. Umso interessanter ist ein Blick auf die dafür verantwortlichen Gründe.
Wie entwickelte sich der Mietpreisindex im zweiten Coronajahr?
Für das erste Krisenjahr (2020) wurde bundesweit ein Mietpreisindex von 105,5 ermittelt. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 bedeutete das einen Anstieg um 1,5 Punkte. Wer darauf hoffte, dass die anhaltende Coronakrise auch im zweiten Jahr für eine Abflachung der Preiskurve sorgen würde, wurde enttäuscht. Das Gegenteil war der Fall. Von 2020 auf 2021 stieg der Mietpreisindex um 2,9 Punkte auf 108,4 Zähler. Im Jahr 2021 lagen der Mietpreisindex um 8,4 Zähler über dem Niveau des Jahres 2015. Das geht aus den offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor.
Wohnungen in drei Städten sind teurer als Mietwohnungen in Berlin
Das „teuerste Pflaster“ mit Blick auf die Mieten ist auch nach den neuesten Statistiken die bayerische Landeshauptstadt München. Dort kostete der Quadratmeter Wohnraum im vierten Quartal 2021 durchschnittlich 19,37 Euro. Mietwohnungen in Berlin landeten mit einem Durchschnittspreis von 14,75 Euro pro Quadratmeter auf dem vierten Rang. Davor platzierten sich Stuttgart mit einem Quadratmeterpreis von 15,22 Euro und Frankfurt am Main mit 16,11 Euro. Zu den Top 5 zählte sich Freiburg mit Mietkosten von durchschnittlich 14,36 Euro pro Quadratmeter Wohnraum. Zu den 10 Städten mit den höchsten Mieten gehörten im vierten Quartal 2021 außerdem Düsseldorf (14,00 Euro), Mainz (13,90 Euro), Hamburg (13,62 Euro) sowie Darmstadt (13,54 Euro) und Rosenheim (13,23 Euro).
Warum sind die Wohnraummieten in Deutschland so hoch?
Ein Hauptgrund für die Mottenentwicklung ist die Tatsache, dass in Deutschland der Anteil der in Mietwohnungen lebenden Menschen sehr hoch ist. Nach Angaben von Eurostat liegt Deutschland mit einem Anteil von 49,6 Prozent der Bevölkerung in Mietwohnungen an der Spitze der Rangliste aller zur Europäischen Union gehörenden Länder. Österreich bringt es mit einem Mieteranteil von 44,7 Prozent auf den zweiten Rang und Dänemark mit 40,7 Prozent auf den dritten Rang. Rumänien ist auf dieser Rangliste das Schlusslicht. Hier wohnen nur rund 3,9 Prozent der gesamten Bevölkerung in Mietwohnungen. In Polen sind es 14,4 Prozent. In beiden Ländern sind Mietwohnungen zu deutlich günstigeren Preisen als in Deutschland zu bekommen. Insofern bietet sich hier auf den ersten Blick ein Kuriosum. Allerdings müssen auch Unterschiede bei der Ausstattung berücksichtigt werden. Hinzu kommt eine geringe Nachfrage aufgrund eines hohen Eigentumsanteils.
Warum hemmt die Bundesmietpreisbremse den Trend nicht?
Hier kommen zuerst einmal die Regelungen des Paragrafen 556d des Bürgerlichen Gesetzbuchs ins Spiel. Sie verhindern eine Steigerung der Mietpreise nicht komplett, sondern legen lediglich eine Grenze von 10 Prozent für einen Preisaufschlag beim Abschluss eines neuen Mietvertrages fest. Das verschafft vor allem den Vermietern und Vermieterinnen einen erheblichen Spielraum, bei denen eine hohe Fluktuationsrate vorliegt. Erfolgen bis zum Fristablauf der Bundesmietpreisbremse beispielsweise zwei Mieterwechsel, wäre bereits eine Erhöhung um insgesamt 20 Prozent (pro Neumieter 10 Prozent) möglich. Das ist einer der Gründe, warum Vermieter/-innen und Verwalter/-innen seit der Einführung dieser Regelungen bei Vertragsverstößen und Mietschulden schneller mit Kündigungen und Räumungsklagen durchgreifen. Bei Zwangsräumungen für Mietwohnungen ist Berlin Spitzenreiter. Dort gehen nach offiziellen Statistiken pro Jahr im Schnitt 5.000 Aufträge für Zwangsräumungen an die Gerichtsvollzieher.
Baupreise für Wohnungen: Kurve zeigt steil nach oben
Eine Entspannung bei den Mietpreisen zeichnet sich derzeit nicht ab. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Mieten für Neubauwohnungen in Berlin und anderswo hängen sehr stark von der Entwicklung der Baupreise ab. Seit dem vierten Quartal 2020 ist bis heute eine drastische Steigerung der Baupreise zu beobachten. Im viertel Quartal lag der Baupreisindex für Neubauwohnungen (konventionelle Bauart) nach den Angaben des Statistischen Bundesamts bei 115,6 Zählern. Im ersten Quartal 2021 stieg der Index auf 120,8 Punkte und im zweiten Quartal 2021 auf 125,2 Punkte. Der Trend hielt an, denn das dritte Quartal 2021 brachte ein Plus von 4,4 Punkten. Zum Ende des vergangenen Jahres lag der Baupreisindex für konventionell erstellte Wohnbauten bei 132,3 Zählern. Als Basis für diesen Index dienen die durchschnittlichen Baupreise aus dem Jahr 2015. Betroffen von den Steigerungen der Baukosten sind sowohl Eigenheimbauer/-innen als auch die Bauherrinnen und Bauherren, die den Bau von Mehrfamilienhäusern in Auftrag geben.
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